Auf meiner ganz persönlichen Reise habe ich einer weitere Entdeckung gemacht. Manchmal sind wir so sehr mit dem Gefühl der Angst vertraut, dass wir die Angst zwar weg haben wollen, aber nicht hinterfragen, welche Stellung sie in unserem Leben einnimmt. Sie ist gekommen, sie ist da und sie scheint nicht mehr zu gehen.
Ich habe herausgefunden, dass die Angst eine Funktion hat. Sie kann uns helfen unsere zart, verletzliche, sensible Seite zu schützen.
Wenn die Angstwellen kommen, sind sie wie eine Bedrohung. Wir suchen also Hilfe oder wollen etwas Belastendes von uns abwenden. Gerade wenn Du denkst: "Ich schaffe das nicht", spricht das für eine Überforderung.
Mein Mann wusste sofort, dass ich Unterstützung brauche - wenn ich signalisiert, dass die Angstwelle mich wieder im Griff hat. Schließlich war meine NOT sehr groß. Wenn ich von Angstwellen spreche, sind das die Momente in denen mich die Angst oder Panik überrollte. Hässliche Gedanken kreisten durch meinen Kopf. Mein Körper reagierte stark. Ich fürchtete mich zunächst.
Interessant ist, welche Funktion die Angst in unserem Leben und Umfeld einnimmt: Mit dieser "AngstStörung" werden wir in Ruhe gelassen. Wir dürfen uns zurück ziehen, uns ausruhen, Kontakte nicht weiter pflegen, die wir nicht mögen, nicht mehr zur Arbeit gehen, den Partner nicht mehr an uns heranlassen etc. Jetzt haben wir schließlich einen Grund. Die Angst hilft uns, sich abzugrenzen oder sich einer schwierigen Situation nicht zu stellen.
Die Angst kann also ein Muster sein, dass uns hilft, für uns selbst zu sorgen. Der Schritt aus der Angst raus war demnach Vertrauen in mich durch neue Erfahrungen UND neue Verhaltensweisen. Ich erkannte, dass ich die Angst gar nicht brauchte, um für mich einzustehen oder Grenzen zu setzten.
Dieser Schritt linderte meine Angst. Es wurde Schritt für Schritt besser. Bis ich tiefer blicken konnte. In der Tiefe erkannte ich, dass die Angst die Oberhand für etwas viel Älteres in mir übernommen hat - nämlich meine Traurigkeit gekoppelt an eine tiefe Einsamkeit.
Als ich ein Jahr alt war, mussten meine Eltern mich über mehrere Monate allein im Krankenhaus zurück lassen. Lange konnte ich dieses Gefühl nicht benennen, bis sich mir zeigte: Die Angst ist ein tiefes Gefühl vergessen worden zu sein. Als ich dann später Mutter wurde, kam dieses Gefühl an die Oberfläche. Die Belastung wurde zu groß und ich konnte die Ohnmacht nicht mehr wegdrücken.
Manchmal wählen wir Angst, Wut oder Traurigkeit, weil das Gefühl der Ohnmacht unerträglich erscheint. Angst, Wut oder Trauer sind energetische Gefühle, die uns den Eindruck vermitteln, dass wir handlungsfähig sind. Gerade bei Wut habe wir das Gefühl, wir haben Macht.
Deshalb lohnt es sich nach einer Phase der Stabilisierung, auch immer nochmal hinter die Angst zu schauen. Das Schreiben hat mir dabei sehr geholfen. So bekam ich einen Zugang zu meiner inneren Weisheit. Wenn Du mehr über das Thema Schreiben wissen möchtest, kannst Du
hier weiter lesen.
Wenn Du Deiner Angst also wirklich auf den Grund gehen möchtest, geht es nicht darum sie weg haben zu wollen, sondern zu lernen zu FÜHLEN und zu schauen: Was will sie von Dir? Warum ist sie in Dein Leben gekommen? Was zeigt sie Dir?
Das Schwierige ist, dass in uns Programme ablaufen, die Gedanken erzeugen, die wiederum starke Gefühle auslösen können. Solange Du diesen Automatismen nicht auf die Spur kommst, wird es mühsam sein.
Es ist also eine Kombination aus Fühlen und Bewusstsein. Mir hat sehr der Satz geholfen: Dient mir dieser Gedanke jetzt?
Denn manchmal kamen in mir Gedanken auf, die ich nicht haben wollte und nicht verstand. Deine Gedanken sind jedoch nicht willkürlich. Es sind Prägungen, die sich in Dir eingepflanzt haben, in Form von Gedanken. Dein Gehirn ruft sie in bestimmten Situationen immer wieder ab. Es möchte es sich leicht machen. Du hast also etwas trainiert und nutzt es unbewusst immer wieder. Das Gute ist, Du kannst das auch um trainieren.
Wenn wir unsere Ängste los werden wollen, ist es eine Mischung aus Verhaltenstraining und Aufarbeitung alter Verletzungen.
Sehr wertvoll ist in diesem Zusammenhang ACHTSAMKEITSTRAINING. Hier lernst Du die Dinge neue zu bewerten. Denn je nachdem wie Du etwas bewertest, also, wie Du darüber denkst und es einordnest, kann es Angst machen oder eben nicht. Du siehst schon, es ist ein komplexes Thema und es geht gar nicht so sehr darum die Angst wirklich weg haben zu wollen. Vielmehr ist es ein Prozess, der Dich ganz nah zu Dir selbst führen kann. Du kannst die Angst als Wegweiserin verstehen, die Dich zurück zu Deinem Herzen führt - wenn Du den Mut hast, diesen neuen Weg in Dein bewusstes Leben zu gehen - und, wenn Du die Ausdauer hast, dran zu bleiben.