Dana Hocke, 11. Oktober 2020

Ein Leben mit Schmerzen: wenn die Seele weint

Heute spreche ich mit Dir über meine Schmerzen und wie sie in Kombinationen mit Depressionen meine Leben beeinflussen. Dieser Artikel ist kein Beitrag mit lauter Tipps und Vorschlägen. Vielmehr ein ehrliches Abbild von meinem heutigen Morgen. Ich möchte mir und Dir damit zeigen, wie es in Menschen, die wundervolle Dinge in die Welt tragen, andere inspirieren und sie motivieren auch aussehen kann. Wenn Du also wissen möchtest, wie Schmerzen und Depressionen eine Chance im Leben sein können und wie ich damit umgehe, es erlebe und darüber denke - dann bleib neugierig und lies gerne weiter >>>

Die Rücken-Schmerzen haben mich aus dem Schlaf gerissen. Die innere Anspannung ist zu groß. Ich stehe auf und versuche trotz Schmerzen etwas dagegen oder dafür zu tun. Eine heiße Dusche. Ich bin müde. Gestern das Gespräch mit meiner Lebensberatung, die mir sagt: Lassen Sie die Krankheit noch etwas da sein. Irgendwie sieht sie etwas Gutes darin.

Depressionen als Chance. Vor 10 Jahren schrieb ich mal darüber und habe den Artikel nie veröffentlicht. Ich hatte Angst, Betroffene würden mich kritisieren, sich nicht abgeholt oder verurteilt fühlen.

Am Ende hat eine Depression mehrere Gesichter. Jeder Mensch erlebt sie anders. Es gibt unzählige Beschwerdebilder. Ich dachte lange, dass der Grund für mein Unwohlsein Depressionen sind. Die Depression verursacht meine schlechter Verfassung.
Betrachte ich das differenzierter wird deutlich, dass Unwohlsein, Trauer, Schmerz und Angst schon viel länger Teil meines Lebens sind. Das Problem liegt vielmehr darin, dass ich es nicht richtig verarbeitet habe. Ich wusste 1. lange nicht wie und 2. wusste ich es einfach nicht besser. Erst in diesem Jahr begriff ich, was eine Depression ist, nämlich ein Signal für eine Dysbalance im Leben. Das kann die Gesundheit betreffen, die berufliche Entwicklung, Partnerschaft, soziale Beziehungen oder finanzielle Nöte. Im Grund bin ich dankbar, dass ich all die Jahre nicht wusste, dass eine Depression mich mal mehr und mal weniger begleitet. Ich las damals das Buch: "Depression ist keine Krankheit" und fand darin wertvolle Gedanken. Ich identifizierte mich mehr damit als mit der Tatsache eine Krankheit zu haben. Denn, wenn ich es damals als Krankheit akzeptiert hätte, hätte ich anfangen mich dahinter zu verstecken und für alle Schieflagen die Depression vorzuschieben. Ich möchte dieses Beschwerdebild, von dem soviele Menschen betroffen sind, nicht bagatellisieren. Ich möchte lediglich schildern, welchen Vorteil es für mich jahrelang hatte, dass ich die Ursachen für schlechte Gefühle und Gedanken nicht in der Krankheit gesucht habe. Vielleicht hätte ich so früher den Mut verloren an mir zu arbeiten.

Heute erkenne ich meine Depression an ohne sie vorzuschieben. Ich erkennen, dass meine Seele schmerzt und mit ihr mein Körper. Es gibt Tage, da ist die Anspannung so hoch, weil zu viele Sorgen in meinem Kopf, zu viele Ängste in meinem Herz und zu viel unterdrückte Wut in meinem Bauch sind. Erst, wenn meine Tochter ihren Gefühlen Raum gibt, merke ich, dass auch meine Gefühle Raum brauchen. Ich breche quasi auf und nicht selten überwältigen mich meine Emotionen.

Die Schmerzen sind ein Signal. Ein Signal, um in mich hinein zu spüren. Zumindest habe ich das in den letzen Wochen gelernt und damit eine neue Perspektive auf meinen Schmerzkörper bekommen. Ich habe mich dem Körperthema gestellt und einer Homöopathin anvertraut. Aus mir flossen unzählige Tränen und ich merkte wie all das aus mir raus wollte. Ich hatte einige Tage damit zu tun mich nach dem Gespräch wieder zu stabilisieren. Doch ich war unendlich dankbar und stolzt auf mich, mich endlich mit meinem Körper - dieser mein Zuhause ist - näher auseinander zu setzten. Ich wollte die Schmerzen einfach nicht mehr hinnehmen und ignorieren. Sie veränderte in 3 Stunden meine gesamte Wahrnehmung auf Gesundheit und Körper. Seit ich denken kann lebe ich mit der Überzeugung. Ich bin krank! Ich hatte und habe auch jetzt noch wenig Vertrauen in meinen Körper. Als Baby war ich mehrere Monate allein im Krankenhaus. Ich durfte schon früh die Bekanntschaft mit körperlichen Beeinträchtigungen machen. Zuhause wurde das dann weiter praktiziert und ich wurde immer als zu mager abgetan. Bis heute bekomme ich zu hören, wie mager ich bin obwohl ich mit einer Größe von 164 und 58 bis 61 Kilo ein ganz normales Gewicht habe. Ich wurde dieses Selbstbild nicht los und dachte, der Körper kämpft immer gegen mich. Bis zu diesem Tag. Ich begriff, dass der Körper für mich arbeiten und ich mit ihm in Kontakt sein darf.

Heute morgen dann wieder diese unerträglichen Schmerzen. Ich spüre in mich. Atme und halte es nicht mehr aus. Ich möchte das so gerne - in mich hinein spüren und übe mich darin. Doch ich möchte ehrlich sein. Es ist schwer. Ich spüre die negativ belastenden Gedanken, die mir weiß machen wollen, dass ich so keine gute Mutter, Partnerin, Freundin bin und auch keine gute Mentorin. Mir ist schon bewusst, dass das nicht stimmt. Doch es kommt noch nicht im Herzen an.

Ich spüre, dass etwas nicht ok ist und ich nicht meine Wahrheit lebe. Ich verkrampfe regelrecht, weil ich funktioniere. Ich kann den Samen meiner inneren Blume nicht richtig aufblühen lassen. An manchen Tagen schon. Da blüht sie und ich fühle es mit jeder Zelle meines Körpers. Mein ganzer Organismus lacht und ich bin fröhlich.

An anderen Tagen bin ich wieder eine Zwiebel. Ich schäle mich Schicht für Schicht zu meiner wahren Essenz durch. Verschüttet unter unzähligen unterdrückten Gefühlen.

Ich spüre die Einsamkeit in mir und ich spüre, dass sie wahrgenommen werden möchte - das dieser tiefe Schmerz gefühlt werden möchte. Mir wird klar, dass das Leben endlich ist und nicht nur von Sonnenschein geküsst. Doch ich spüre auch meinen Trotz und wie ich es nicht haben will. Am Ende ist es, wie es ist und es gehört JETZT zu meinem Leben.

Um so mehr ich mich gegen mich stelle und Angst habe genau diese Seiten des Lebens zu leben und mich mit meinen Schwächen zu zeigen, um so schlechter fühle ich mich. Mein Selbstwert geht in den Keller. (Den will ich übrigens aufräumen :-) Also meinen echten Keller)

Sich selbst lieb zu haben, auch wenn wir nicht in unserer Kraft stehen und sich selbst anzusehen, von Innen und von Außen, wie wir sind, sich so anzunehmen und zu akzeptieren, kann inneren Frieden und Harmonie bringen, ist aber auch gleichzeitig eine totale Überwindung und Herausforderung.

Ich bin wie ich bin!

Ein Satz, der mir hilft. Doch zu spüren welche Narben ich habe, welche unerfüllten Sehnsüchte und Bedürfnisse da sind - tut auch weh - manchmal sogar richtig weh. Es zieht Energie. Ich spüre wie meine Seele weint, doch mein Körper hält alles zurück. Wie ein Panzer. Das muss zwangsläufig zu Schmerzen führen. Weicher zu werden und wohlwollender, verzeihlicher und sanfter ist meine täglich Herausforderung. Meine Challenge mit mir!

Auch, wenn ich in solchen Momenten nicht immer positiv auf mich blicken kann, die Angst zu versagen riesig ist und die Scham groß, abgelehnt zu werden, weiß ich, ich bin auf einem guten Weg und ich darf mich erstmal selbst lieb haben. Das heißt, trotzdem unter Leute gehen - so wie ich bin. Boarrr, dass kostet mich wirklich Überwindung.

Wir identifizieren uns oft so sehr mit unserer Arbeit, über den Beruf, die Kontakte, Besitz, Geld. Was, wenn das alles weg fällt? Was ist dann noch übrig?

Ich habe das erlebt und es fühlt sich erstmal beschissen an. Plötzlich stehen wir uns selbst gegenüber und können unseren waren Wert erkennen. Uns sehen, wie wir nackt und roh sind! Im Grunde wundervolle Wesen, nur haben wir das über Jahre nicht wahrgenommen und schätzen gelernt. Das drumherum war wertvoller als das wahre selbst!

Das erste mal kam mir die Frage:
#Wer bin ich?
#Wer möchte ich sein?


Diese beiden Fragen sind so essentiell und es wird noch etwas dauern bis ich die Antworten fühlen kann. Ich bin dankbar, dass zu erkennen. Ich bin dankbar, tiefere Schichten zu mir selbst frei gelegt zu haben. Ich bin dankbar, dass ich mich traue hinzusehen und Menschen begegne, die mir dabei helfen. Ob durch Bücher, Coaching, Podcast und oder oder.

Obwohl ich das Gefühl habe, mein Leben ist eine Baustelle, ist das wohl besser als ein Friedhof.

Daher ist die Depression wohl nach wie vor eine Chance. Eine Chance etwas zu verändern - sich seiner selbst bewusst zu werden, Bedürfnisse und Grenzen kennen zu lernen und so zu leben, wie wir es uns im Herzen wünschen.

Mich strengt das oft an. Doch das ist wohl meine Mission. Herauszufinden wie das geht. Zu teilen was ich erlebe und wieder weiter zu gehen!

Ich möchte so viel. Doch Druck erzeugt bekanntlich Gegendruck und plötzlich wird mir wieder klar: Annahme und Akzeptanz. Egal was ich tue, ich werde immer wieder dahin zurück geworfen. Das ist mein Trainingslager. Ich bin meine eigene Meisterin. Nur ich und zwar nur ich kann erkennen, lernen und verändern. Das richtige Umfeld kann positiv Einfluss nehmen.

Schreiben ist meine Medizin. Ich erkenne meine negativen Überzeugungen und lese sie auf dem Papier. Ein guter Grund sie los zulassen. Kreativität hilft mir dabei. In diesem Jahr habe ich schon 4 Tagebücher vollgeschrieben und einige Texte für den Blog verfasst. Da möchte definitiv was sichtbar werden. :-)

Insgesamt zeigt mir mein Körper, dass ich loslassen darf. Vertrauen.

Mein Start ins Leben hat damals mein Urvertrauen sehr auf die Probe gestellt. Ich habe schnell gelernt, ich kann niemandem vertrauen. Bis heute wirkt das nach. Das zu verändern ist ultra schwer. Das bedeutet Hingabe, loslassen und riskieren, Fehler machen, unperfekt sein und Gefühle leben, eben auch die Unangenehmen. Ich habe das lange unterdrückt und weg machen wollen. Ich wusste es nicht besser. Es war meine Überlebensstrategie.

Heute morgen um 6 Uhr hab ich meinen Mann geweckt. Ich erzählte ihm von meinen Gedanken. Und obwohl er inzwischen gelernt hat nicht die Lösungskeule zu schwingen, sondern zuzuhören, rutschte ihm heraus, dass ich die Depression nicht wegbekomme. Das ärgerte mich, weil er es auf meinen negativen Gedankenoutput bezog.

Der Fakt, dass ich ehrlich über meine negativen Gedanken und Schwächen spreche, ist für mich ein Prozess der zur Heilung führt. Ich möchte mich nicht mehr hinter meinem Wissen verstecken, die taffe Mutter und Ehefrau sein. Immer stark nach Außen und am Ende leer und einsam im Innen.

Eine Rolle, die ich schon als Kind eingenommen habe, um niemanden zu belasten. Ich übernahm für alle die Verantwortung. Jetzt übe ich mich darin, sie für mich zu übernehmen. Dazu zählt auch, mal ehrlich über das zu sprechen, was alles in mir vorgeht. Auch wenn's hässlich ist und ich nicht mag, wenn ich mich abwerte. In dem Moment, wo es mir bewusst wird, kann ich mir selbst gut zu sprechen. Ich kann etwas verändern. Ich weiß, dass ich nicht schlechter bin als andere. Jetzt darf ich es auch noch fühlen.

Und nicht dass Du denkst ich war sauer auf meinen Mann. Nein! Nein! Er hat mich damit ganz unbewusst auf die Probe gestellt. Denn, ich gewann so die Erkenntnis, dass ich sehr wohl auf einem guten Weg bin. Eben drum, weil ich nicht mehr hinterm Berg halte was mich tief bewegt. Das darf eben auch mal hässlich und blöd sein. Es möchte gesehen und gefühlt werden.

Alles darf sein! Sich selbst die Erlaubnis geben, bedeutet für mich am Ende auch Annahme. Es ist wie es ist! Jetzt in diesem Moment.

Und falls Du jetzt glaubst, ich brauche einen Ratschlag oder Lösungsvorschläge. Wir neigen netterweise dazu und wollen helfen oder unterstützen, wenn uns ein Thema berührt oder antriggert.
Bitte nicht! Ich bin die Königin im Lösungen finden. Das ist meine Meisterdisziplin. Das brachte mich aber auch weg von mir selbst und weg von anderen. Ich möchte das alles fühlen was sich da gerade zeigt, auch wenn es unbequem ist. Es wird der Tag und der Moment kommen, an dem ich bereit bin auch das los zulassen.

Ich wünsche mir stattdessen viel mehr echte Verbundenheit und Nähe. Ehrlich zu mir und anderen zu sein, ist für mich aktuell der Schlüssel zu mehr Authentizität. Ich möchte die Fassade fallen lassen, Mauern abbauen. Mich in meiner Verletzlichkeit zu zeigen und das auch vor Anderen mögen. :-)

Viel Text. Viele Worte.
Danke für Deine Zeit.
Danke fürs lesen und dabei sein.

Alles Liebe Dana