Dana Hocke, 02. Juli 2020

Körperliche Nähe als Paar trotz Familie

Wie sehr lebst Du körperliche Nähe seit Du Mutter geworden bist zu Deinem Partner?

So viele Paare fühlen sich auf emotionaler, körperlicher und seelischer Ebene nicht wirklich wohl. Viele Frauen finden sich damit ab. Oder sie ziehen sich mit der Elternschaft komplett zurück. Als Mutter sind wir in den ersten Jahren körperlich sehr gefordert. Ich erinnere mich noch gut daran, dass ich gerade als stillende Frau das Gefühl hatte, meinen Körper wieder für mich zu wollen. Ich teilte ihn gerne mit meinem Kind, aber nicht so gerne mit meinem Mann. Kennst Du das auch?!

Meine Beziehung zu mir, meinem Körper und der Vorstellung wie ich körperliche Nähe und Sexualität leben möchte, hat sich während meiner Mutterschaft komplett geändert. Darüber reden scheint immer noch ein großes Tabu zu sein.

Mir ist inzwischen bewusst geworden, dass wir Frauen bzw. Menschen ein völlig verzerrtes Bild von Intimität, Lust, Nähe, Körperlichkeit und Sexualität haben. Es gibt eine riesen Pornoindustrie, die uns weiß machen möchte, dass wir in einer aufgeklärten und freien Welt ohne Grenzen und Tabus leben. Unzählige Praktiken und Phantasien dienen zur Anregungen und Nachahmung. Wer da nicht mitmacht ist prüde, langweilig, fällt raus oder schämt und verurteilt sich selbst. Der Druck auf Frauen und Männer steigt, weil eigentlich keiner weiß, was er oder sie wirklich möchte.

In diesem Blogbeitrag möchte ich Dir zeigen, was oft die tiefe Urwunde ist, dass wir Nähe nicht wirklich entspannt leben können. Ich mache eine kurze Reise zu Deinem Körper und gebe am Ende 10 Tipps für euren Alltag mit, um euch wieder anzunähern.
2. Angst vor echter Nähe: Ursachen und Hintergründe
Viele Menschen sind geprägt von frühkindlichen Verletzungen, die sie nie aufgearbeitet haben und sich im Verlaufe ihres Lebens immer wieder wiederholen. Wenn körperliche Nähe schmerzverknüpft ist, wird es uns schwer fallen, diese entspannt und voller Hingabe zu leben.

Gerade die ersten Lebensjahre sind für viele Menschen prägend und ausschlaggebend wie sie Nähe im Erwachsenenalter zulassen. Heute wissen wir mehr über die Eltern-Kind-Beziehungen und wie wertvoll die körperliche Nähe für unser späteres Bindungsverhalten ist. Wie viele Kinder meiner Generation, wurde ich nach der Geburt in ein extra Zimmer gebracht und erst am nächsten Morgen zurück zu meiner Bauchmutter gebracht. Alle vier Stunden brachten die Schwestern mich dann zum Stillen.

Mein Ankommen in dieser Welt war also geprägt von jeder Menge Unsicherheit bis hin zu Todesangst. In meinem Unterbewusstsein setzte sich fest, dass Nähe nicht sicher ist. Meine Eltern hätten es mit ihrer Liebe vielleicht ausgleichen können. Nur waren sie selbst geprägt von wenig körperlicher Zuwendung. Zudem lebte ich weitere 12 Monate im Krankenhaus, weil die Ärzte einen Verdacht auf eine Magen-Darm-Erkrankung nicht ausräumen konnten. Damals war ich gerade mal ein Jahr alt. Diese frühe Traumatisierung beeinflusste meine Bindungsfähigkeit enorm und damit bin ich nicht alleine.

Wenn das Bedürfnis nach Nähe, Geborgenheit, Wärme, Zuwendung, Schutz schon als Kind nicht gestillt wurde, wird Du Strategien entwickelt haben, um diese Leere aufzufüllen. Essen, Sport, Liebhaber, über die Kinder, Arbeit, Konsum - es gibt viele Möglichkeiten sich innerlich aufzufüllen.

Weitere Gründe für Angst vor Nähe sind unter anderem auch: Krankheit und damit verbunden körperliche Veränderungen, Gewalterfahrungen oder körperlicher und seelischer Missbrauch.

Wer tiefe Verletzungen in sich trägt, sollte sich Unterstützung holen.

Das spannende ist, dass wir diese Verletzungen gerade in der Partnerschaft heilen können. Wenn ihr es schafft euch Zeit für einander zu nehmen und ehrlich in den Austausch geht. Das braucht Zeit und Feingefühl. Doch in der Hingabe zum Partner kann Dein Körper die Erfahrung machen, dass er sicher ist und Nähe wohltuend ist.
2. Wie wohl fühlst Du Dich in Deinem Körper?
Ich weiß nicht wie Du geprägt wurdest, doch ich wuchs mit der Überzeugung auf, dass SEX schmutzig, verboten, unanständig und gefährlich ist. Ich lernte früh, dass Männer SEXMONSTER sind, die mich ausnutzen oder verführen wollen. Mir wurde beigebracht, dass ich schwanger werden könnte und allein dafür die Verantwortung trage.

Ehrlich gesagt hat es mich nie davon abgehalten mich trotzdem auszuleben. Ich war kein Kind von Traurigkeit. Richtig wohl habe ich mich allerdings nie damit gefühlt. Meine ersten sexuellen Erfahrungen waren eine Katastrophe. Ich unterwarf mich meinem Gegenüber und dachte, so hat es zu sein. Später begann ich den Spieß umzudrehen und übernahm eher die Kontrolle. Beides war wenig erfüllend und so fühlte ich mich oft einsam und auf der Suche. Als ich meinen Mann kennenlernte, funktionierte meine Strategie nicht mehr und ich durfte das erste mal die Erfahrung machen, dass Sexualität mehr ist als nur gefallen, erfüllen und mitmachen.

Erst heute mit fast 40 Jahren stelle ich fest, dass ich tiefe Verbundenheit und mich darauf einlassen, nie richtig gelebt habe. Immer auf der Suche danach, wusste ich nicht was meine Seele braucht. Ich hatte ja nicht mal eine Ahnung das ich eine besitze.

Ich habe wie so viele andere Frauen auch versucht eine gute Performance abzuliefern. Heute weiß ich, dass meine Seele etwas anderes braucht.

Ich stieß auf ein Buch von Eva-Maria Zuhorst (SoulSex), das mir die Augen öffnete. Denn erst in meiner Ehe und mit der Veränderung meines körperlichen Bewusstseins durch meine Mutterrolle spürte ich, dass 0815 mich weder erfüllt noch reizt. Lange Zeit mied ich dieses Thema, weil ich nicht wirklich wusste, was mit mir ist. Ich spürte nur, dass ich nicht mehr dem IDEAL einer sexy Lady entsprechen möchte, sondern mehr mein Frausein, meine Weiblichkeit und auch echte Verbundenheit leben wollte.

Wusstest Du, dass bei einer Studie herauskam, dass jeder männliche Jugendliche schon einmal einen Porno gesehen hat. Kinder wachsen mit Vorstellungen auf, die einem FUNKTIONIEREN gleichen und nicht wirklich mit Nähe, Respekt und ein aufeinander einlassen zu tun haben. Auch Erwachsene greifen immer mehr auf Pornos zurück, um im Kopf Lust zu erzeugen. Das Problem dabei ist, wir brauchen auf Dauer immer mehr von diesen äußeren Stimuli und können uns nicht mehr wirklich körperlich aufeinander einlassen oder spüren.

Ich frage Dich mal ganz offen:
  • Fühlst Du Dich in Deiner Haut wohl?
  • Magst Du Deinen Körper?
  • Fühlst Du Dich verbunden mit Dir und auch mit Deinem Partner?
  • Wie spürst Du diese Nähe und wann?
  • Lebst Du sie auch körperlich aus?
  • Bist Du ganz Du selbst, wenn ihr Nackt beieinander seid?
  • Könnt ihr Eure körperlichen Bedürfnisse auch als Eltern genießen?
  • Ist das Liebesspiel zwischen Euch auch auf Seelenebene im Einklang oder habt ihr euch, mit was auch immer da ist, abgefunden?
  • Wie sehr spielt Dein Körper eine Rolle in Deinem Leben, mal abgesehen von Ernährung, Sport und Selbstfürsorge zur Erhaltung Deiner Vitalität?

Auf meinem Weg, mich als körperliches Wesen bewusst wahrzunehmen, meine Weiblichkeit anzuerkennen, zu genießen und zu schätzen machte ich eine interessante Entdeckung. Mir wurde klar, warum es so schwert ist, sich wirklich auf einen anderen Menschen einzulassen. Der Partner ist nicht nur ein Spiegel für unsere inneren Themen, er triggert auch im körperlichen Kontakt alte Wunden aus unserer Kindheit. Das macht das ganze Thema auch so unglaublich sensibel und irgendwie auch kompliziert, wenn wir uns wirklich hineinfallen lassen wollen.

Ganz ehrlich, über tiefe verbundene Sexualität zu sprechen hat in unserer Gesellschaft einen touch von langweiligem Blümchensex. Ich bin dafür, dass wir lernen uns auf echte, erfüllend und freudvolle Weise auf körperliche Nähe einzulassen- auch oder gerade nach vielen Jahren Partnerschaft.

  • Wie viel Zeit nehmt ihr euch für einander?
  • Könnt ihr euch einfach in den Arm nehmen ohne eine Erwartung zu erfüllen und einfach miteinander im Vertrauen sein?

Ich kenne wenige Paare die offen darüber reden. Die Wenigen, die ich kenne und darüber reden, berichten, das körperliche Nähe ein schwieriges Thema ist. Einfach, weil sie nicht mehr stattfindet und die ganze Energie ins Familienleben, den Job und die eigene Regeneration geht.

Hast Du Dich schon mal gefragt, wie sich körperliche Nähe erfüllender anfühlen könnte? Weißt Du was Du brauchst und was Dich glücklich macht?
3. 10 Tipps für mehr Nähe zu Deinem Partner
1. Nehmt euch regelmäßig Zeit für einander ohne Probleme zu lösen oder Orga zu besprechen. Seid füreinander da und macht die Paarübung von der ich euch im Beitrag "Er versteht mich nicht" erzählt habe.

2. Nehmt den Druck raus indem ihr euch nicht auf Leistung, Sex und Können fokussiert. Legt euch zueinander und spürt erstmal, wie sich eure Körper anfühlen. Schafft Vertrauen und erkundet einander.

3. Lerne Deinen Körper als Frau zu anzunehmen. Beschäftige Dich mit Deinem Körper. Du bist wunderschön, auch mit Speckrollen und Dellen an den Oberschenkeln. Die Beziehung zu Dir selbst ist spürbar in Deiner Aura. Auch Dein Partner verändert sich.

4. Redet offen über Eure Wünsche und wie es euch miteinander geht. Erzähle ihm von Deinen Bedenken und höre ihm zu, wenn er sich öffnet.

5. Sorgt dafür, dass jeder genügend METIME hat. Wenn keiner Zeit für sich hat, ist es schwer die gemeinsame Zeit zu genießen. In erster Linie sollte jeder gut für sich selbst sorgen.

6. Verabredet euch für gemeinsame Zeit. Unternehmt etwas zusammen und zwar wirklich als Paar. Wir lieben Spaziergänge, weil wir da in Ruhe reden können und so zueinander finden.

7. Bringt wieder mehr Humor in euren Alltag. Viel zu oft sehen wir alles mega verbissen. Einfach mal drüber lachen. Wir haben schon mitten im Streit laut losgelacht, weil wir gemerkt haben, wie sinnlos das alles gerade ist.

8. Macht euch bewusst, was ihr aneinander schätzt.

9. Teile Deinem Partner mit, was Du brauchst, um Dich ihm Nahe fühlen zu können. Erst, wenn Du ihm vertrauen kannst und Dich sicher fühlst, kannst Du Dich hingeben.

10. Lest beide mal in die Kunst des Tantra ein oder informiert euch, was SlowSex ist. Auch Männer sehnen sich nach mehr Tiefe und Verbundenheit. Sie möchten sich auch fallen lassen können und ohne Leistungsdruck lieben.