In den meisten Beziehungen ist Kommunikation ein echtes Hindernis für eine gelingende Partnerschaft. Und ehrlich gesagt beschäftige ich mich mit dem Thema beruflich wie auch privat seit nun mehr als 20 Jahren. Der wirkliche Durchbruch kam erst in den letzten 5 Jahren mit der Gewaltfreien Kommunikation - kurz GfK. Obwohl ich schon vor 15 Jahren damit in Kontakt kam und auch Bücher gelesen hatte, erschloss sich für meine alltägliche Praxis erst in den letzten Monaten, wie es wirklich praxistauglich wird.
Was GfK genau ist und wie Du das für Dich und eure Beziehung bzw. für Deinen gesamten beruflichen Kontext und Familienalltag hilfreich ist, erfährst Du im weiteren Verlauf. Vorweg erstmal ein paar Grundlegende Informationen zum aufwärmen.
Miteinander reden ist nicht gleich miteinander reden. Egal, welche Methode Du lernst, am Ende ist es immer eine Art von innerer Haltung, wie Du mit Menschen in Beziehung sein möchtest.
Was möchtest Du? Möchtest Du in Verbindung sein oder möchtest Du recht haben?
Ich teile mir Dir mal einen Ausschnitt aus meinem Alltag. Nicht selten komme ich in Gesprächen mit meinem Partner an meine Grenzen. Ich werde laut, wenn ich mich unverstanden, übersehen, verletzt, überrannt fühle. Oft verlasse ich verzweifelt den Raum.
Früher hätte ich deshalb am liebsten die ganze Beziehung beendet. Ich dachte wirklich, es gibt keinen Weg und hatte den Eindruck ständig zu scheitern.
Heute weiß ich, was diese Konflikte (auch) mit mir zu tun haben, das Scheitern dazu gehört UND, wie ich Konflikte überhaupt lösen kann. Ich hätte ja gedacht, ich bin darin eine Meisterin - ich liebe es als Wegbegleiterin Lösungen zu finden, bin eine sehr feinfühlig Frau und kann mich schnell in andere Menschen hinein versetzten. Noch dazu weiß ich berufsbedingt eine Menge über menschliches Verhalten und die Zwischentöne. Ich würde also von mir behaupten, ich kann Menschen ganz gut einschätzen und lesen. Nicht umsonst lebe ich seit Jahren meine Berufung als Künstlerin, Pädagogin und Coachin. Wir alle haben in irgendeinem Bereich Fähigkeiten, Qualitäten, Stärken, Talente und dennoch, werden diese im Privatleben irgendwie ausgehebelt - oder? Plötzlich reißen wir uns nicht mehr zusammen, bemühen uns weniger oder drücken nicht mehr alle 10 Auge zu.
Im Grunde kannst Du den Konflikt in der Partnerschaft als Chance sehen. Denn hier räumt ihr das auf - wenn es euch gelingt - was aus tiefster Kindheit mitgebracht wurde. Dein Partner ist quasi ein Spiegel und zeigt Dir Deine ganzen ungeheilten Verletzungen. Mit der richtigen "Strategie" könnt ihr lernen in Verbindung zu gehen ohne einer Meinung sein zu müssen, obwohl Du Dich gerade getriggert fühlst.
Das Gute ist, die Art und Weise, wie ihr Konflikte löst, könnt ihr jetzt NEU lernen. Dass ihr euch streitet, beweist auch, es gibt eine Verbindung und Vertrauen, sonst würdet ihr euch nicht so ungeniert voreinander zeigen.
Bei mir gab es einige Haken, die ich im Privatleben nicht erkannte. Vielleicht kennst Du sie auch von Dir:
- Ich habe versucht, das Problem beim anderen zu entlarven.
- Ich wollte den anderen verändern, weil ich dachte, dann wird es besser, leichter, schöner, umgänglicher...
- Ich habe die Schuld bei meinem Gegenüber gesucht, weil dieser schließlich etwas Unangenehmes in mir ausgelöst hat.
- Ich habe mich abgewertet und verurteilt, wenn ich dachte, ich bin Schuld oder mein Bedürfnis wäre unangemessen.
Was am Ende geschah war, wir drehten uns im Kreis - jeder suhlte sich in seinem eigenen Leid,
- wollte gesehen und verstanden werden,
- wollte empathisch abgeholt und einfühlsam behaltet werden,
- wollte vom anderen Mitgefühl und Zuwendung und, und, und.
Beide unerfüllt und unzufrieden lernten in diesen Situationen, dass Konflikte schmerzhaft sind und zu keinem wohlwollendem Ergebnis führen.
Ende der Geschichte war: Lieber nicht mehr miteinander reden und jedem Konflikt aus dem Weg gehen. Zumindest hörte ich auf zu reden und mein ExMann mied jede Auseinandersetzung. Wir beide kannten dieses unliebsame Gefühl aus der Kindheit und hatten keine Lust mehr diesen Schmerz zu spüren. Oder haben Deine Eltern es geschafft Konflikte mit Dir friedlich zu lösen, so dass sich alle wohl fühlten? Hast Du Dich verstanden, abgeholt und gleichwertig gefühlt? Fühltest Du Dich sicher, geborgen und geliebt - auch, wenn Du Seiten von Dir ausgelebt hast, die nicht so willkommen sind? Ich glaube, den meisten von uns war das leider damals noch vorenthalten. Ich bin Jahrgang 1981 und meine Eltern haben eher mit Erziehung, Druck und Kontrolle versucht den Alltag mit Kindern zu bewältigen.
Du kannst Dir sicher vorstellen auf welchem Pulverfass mein ExMann und ich regelmäßig saßen. Sobald Stress im Spiel war, wir unsere Gefühle und Gedanken nicht mehr kontrollieren konnten, explodierte bei jedem dieses Pulverfass auf seine Weise. Kommt Dir das bekannt vor?
Dann standen sich da zwei kleine verzweifelte und wütende Kinder gegenüber ohne einander zu verstehen. Verletzungen aus der Vergangenheit wurden vermischt mit Auslösern und Erfahrungen aus der Gegenwart.
Wir kreierten uns eine schmerzverknüpfte Erfahrung nach der anderen. Das Learning aus der Kindheit blieb: "Konflikte sind schmerzhaft. Ich werden nicht gesehen. Niemand versteht mich. Ich bin nicht liebenswert."Wenn uns der Partner, der Chef, die Mutter oder wer auch immer triggert (Trigger = Auslöser), so dass wir aus der Haut fahren könnten, fühlen wir uns in Wahrheit oft ohnmächtig oder hilflos.
Wir reagieren:- wütend und werden laut,
- traurig und fangen an zu weinen,
- beißen die Zähne zusammen,
- wir schlucken den Frust runter oder
- wir greifen den anderen verbal bis körperlich an.
Statt, dass wir unseren Gefühlen in uns nachzuspüren, dem Partner erstmal in Ruhe zuhören oder die eigenen Bedürfnisse erkunden, reagieren wir plötzlich unbeherrscht oder völlig destruktiv. Etwas in uns fühlt sich angegriffen, verletzt, gekränkt, verunsichert, nicht ernst genommen und, oder, oder. Die Situation eskaliert, es gibt Streit (laut oder leise) und beide fühlen sich im schlimmsten Fall total missverstanden.
Wenn wir in einem Gespräch getriggert werden, dass heißt unser Gegenüber einen Schmerzpunkt trifft - dabei ist es egal, ob es das Kind, die Eltern, die Chefin oder der Partner ist - dann kann es schon mal vorkommen, dass wir unsere Gefühle nicht mehr unter Kontrolle haben. Gefühle kochen plötzlich hoch und wir werden laut, energisch, gemein, abwehrend oder verletzend.
Unsere Schutzstrategien greifen und kommen zum vollen Einsatz - zum Nachteil unseres Bedürfnisses nach Verbundenheit.
Wir sagen Dinge, die wir hinterher bereuen oder handeln unangemessen und fühlen uns noch schlechter als vorher. Viele Menschen haben auch nicht gelernt offen ihre Meinung zu sagen, weil sie als Kind zu befürchten hatten, danach nicht mehr geliebt und angenommen zu sein. Ihnen wird es schwerer fallen für sich selbst einzustehen. Andere Menschen wiederum werden einfach nur still und können nach einem Trigger gar nicht mehr reagieren. Sie sind wie gelähmt oder blockiert, geraten in eine Starre.
Häufig scheinen uns Gefühle der Ohnmacht, Hilflosigkeit, Angst und Wut aus dem Gleichgewicht zu bringen. In diesem Zustand verlieren wir die innere Ruhe und oftmals auch den wirklichen Kontakt zu uns selbst. Wir reagieren über oder handeln unbewusst. Schwups ist der Konflikt ein Drama, welches zu weiteren Verletzungen und Schmerzen führt.
Lass uns doch mal schauen, wir wir so miteinander reden können, dass wir das Verbundenheitsgefühl stärken, auch, wenn wir unterschiedlicher Meinung sind oder uns missverstanden fühlen. Es geht also um Konfliktleichtigkeit in der Partnerschaft - damit der Satz "Er versteht mich nicht" bald schon gewandelt werden kann und ihr mehr im Kontakt seid.